Angel 11, Fulda
In einem Zeitalter zunehmender Beschleunigung, in der die Informationen schneller fließen, als der menschliche Geist folgen könnte, bildet vermutlich die Wohnung, das Haus den letzten Schutzrahmen, der nicht durch digitalen Dauerbeschuss zur Nivellierung, nicht nur kultureller Unterschiede, sondern auch zunehmend individueller Prägungen, führt.
In der Folge dazu steigt die Sehnsucht nach Authentizität und Originalität als Ausgleich zum Verlust einer (gebauten) Umwelt, die als smarte Version heutiger Lebensansprüche die vermeintliche Befriedigung mechanistischer Bedürfnisse verspricht.
Was fehlt ist allerdings der Ort, als auratisch fühlbarer, eindringlicher Raum eines persönlichen Geborgenheitsgefühls. Wohnobjekte und -maschinen, die als Massenware oder Mainstreamprodukte bereits im Klima hipper Oberflächlichkeit entstehen, können dabei per se keine Tiefe als Qualität von Heimat vermitteln.
Ganz anders in einem Haus mit seiner individuellen Geschichte, einem Charakter, einer Patina der Materialien – einer Seele. Hier gelten noch die Gesetze der Baukunst, wonach der schöpferische Geist des Entwurfs, die körperlichen Anstrengungen beim Bau und der bisherige Lebensweg des Hauses und seiner Bewohner, im Objekt lesbar bleiben, sofern das „Weiterleben“ nicht durch technokratisch-ignorante oder schlicht dumme Interventionen zerstört wird.
Wo dies vermieden wird, entsteht eine neue Symbiose von Haus und Mensch und deren geschichtlichen Verankerung im Ort – Heimat eben.
Peter Sichau 2023
Beitrag zum Hessischen Denkmalschutzpreis für das Haus Angel 11 in Fulda