Bruch – Fragment – Moderne

Mit dem Beginn der Moderne wird mit dem traditionellen Kunstverständnis von der Formeinheit der Künste gebrochen. Die Werkeinheit zerfällt – die Fragmentarisierung wird zum Merkmal der Moderne. Während die Kunstwelt sich damit begnügt, diesen Zustand nur wahrzunehmen, konstatiert die zeitgenössische Philosophie (u.a. Baudrillard, Virilio) bereits das Ende der Geschichte und jeglicher kultureller Artikulationsmöglichkeit des Menschen – den Bruch der Menschheitsgeschichte als Kulturgeschichte! Die Geschwindigkeit, in der Informationen der Mediengesellschaften seit der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts verbreitet werden, gleicht der einer „Abhubgeschwindigkeit“, durch die alle täglichen Informationen ihren Bezugsraum zwangsläufig verlassen und damit dem Individuum keine Gelegenheit mehr geben Informationen und Bilder, die auf ihn einwirken mit der Wirklichkeit in Abgleich zu bringen, d.h. sein „bewusst“ Sein zu reflektieren. Sie folgen pausenlos, in Echtzeit, endlos und ohne Unterbrechung aufeinander, verpuffen im Welt-Raum und verlassen den Horizont, in dem das Reale noch möglich gewesen wäre. Die nötige Zeit und Distanz, die erforderlich wären, um die Informationen in Bezug zu setzen, zu verifizieren und damit real werden zu lassen, verlieren sich in der Atomisierung jeglicher Information, die so in Einheitlichkeit nivelliert und damit bedeutungslos wird. So lässt das Irreale keine Geschichte mehr entstehen. Dem Menschen ist heute der Bezugsrahmen seiner kulturellen Identifizierung genommen. Die Orientierungslosigkeit der Menschheit äußert sich auf allen Ebenen des täglichen Lebens und der zum Scheitern verurteilten Versuche ihrer kulturellen Artikulation. Die Konsequenz ist das Ende jeglicher Kultur als Zeichen und Inhalt menschlichen Seins.

Diese Entwicklung findet nicht erst in der Zukunft statt – sie ist bereits vollzogen!

Peter Sichau 2009
Vortrag Universität Kassel – Symposium Raum-Macht-Architektur